Im Rahmen einer dreitägigen Exkursion vom 22.01. bis zum 24.01.2020 fuhr der Projektkurses Geschichte begleitet von Herrn Schmidt und Herrn Schmieding nach Oranienburg zur KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen. Bereits vor der Exkursion hat sich unser Projektkurs mit Themen aus dem Bereich „Ausgrenzung und Verfolgung im Nationalsozialismus“ beschäftigt, um bis zum Ende des Jahres Projekte dazu erstellen zu können. Unser Ziel ist es uns und anderen Schülern diese Themen näher zu bringen und zum Nachdenken anzuregen.
Nach der ca. fünfstündigen Fahrt nach Oranienburg machten wir uns auf den Weg zur Gedenkstätte und begannen unseren Aufenthalt mit einer Überblicksführung. Wir wurden von Laura empfangen, einer pädagogischen Mitarbeiterin der Gedenkstätte, die regelmäßig Führungen gibt, und Emil, der als österreichischer „Gedenkdiener“ dort so etwas wie ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert. Trotz des kalten und windigen Wetters war die Führung äußerst interessant. Wir haben viel über die verschiedenen Orte und Bereiche im ehemaligen KZ erfahren und erhielten allgemeine Hintergrundinformationen über das Lager, so beispielsweise, dass der Bau 1936 bewusst in der Form eines Dreiecks erfolgte. Dies erwies sich hinterher jedoch bei Erweiterungen als unpraktisch, weshalb kein anderes Konzentrationslager in dieser Form errichtet wurde.
Den Eingang zum KZ bildete der sogenannte ,,Turm A“, von welchem aus man den Überblick über alle Baracken und das gesamte Lager hatte. Im vorderen Fenster des Turms stand damals ein Maschinengewehr, welches auf den Appellplatz gerichtet war. Auf diesem mussten sich morgens und abends alle Häftlinge versammeln und wurden durchgezählt um eventuelle Fluchtversuche möglichst schnell zu bemerken. In den Baracken selbst lebten bis zu 500 Häftlinge, wobei diese ursprünglich nur für ca. 140 Häftlinge konzipiert wurden. Im Schlafraum standen Hochbetten mit drei Etagen, doch aufgrund der hohen Häftlingszahl mussten sich bis zu 4 Häftlinge ein Bett teilen.
Zudem besichtigten wir während der Führung mit Laura die ,,Station Z“, welche ausschließlich zur gezielten Massentötung genutzt wurde, auch von Gefangenen, die nicht im Lager inhaftiert waren.
Im Konzentrationslager Sachsenhausen starben zwischen 1936 und 1945 insgesamt ungefähr 60.000 Menschen, etwa 200.000 sind dort gefangen gehalten worden.
Die Informationen, die wir über die Zeit zwischen 1936 und 1945 in Sachsenhausen erhielten, sorgten bei uns für Entsetzen und an der ein oder anderen Stelle auch für Tränen. Niemand von uns konnte oder vielmehr wollte verstehen, wie solch eine Grausamkeit geschehen konnte und die Stimmung in der Gruppe war dementsprechend bedrückt.
Nach der Führung machten wir uns auf den Weg in die nahegelegene Jugendbegegnungsstätte. Gerade einmal 15 Minuten liefen wir zum Haus Szczypiorski, in dem damals Theodor Eicke, ein hochrangiger verantwortlicher „Inspekteur der Konzentrationslager“, mit seiner Familie gelebt hat. Am Abend schauten einige von uns gemeinsam den Spielfilm „Die Fälscher“. Der Film erzählt von den Erfahrungen des jüdischen Gefangenen Salomon Sorowitsch während seiner Zeit als KZ-Häftling. Er war Teil eines Arbeitskommandos, das für die Nazis britisches Falschgeld im KZ herstellen musste.
Den zweiten Tag verbrachten wir größtenteils mit Workshops in Kleingruppen, in denen wir uns mit Täter- und Opferbiografien befasst haben. Wir beschäftigten uns zunächst mit Biografien von Häftlingen, die aus verschiedensten Gründen inhaftiert waren, welche bei genauerem Lesen jedoch – wie zu erwarten – Entsetzen auslösten. Genaue Details über das Leben zu erfahren, geschildert von Menschen, denen diese grausamen Dinge wirklich widerfahren sind, ist einfach schrecklich. Aber es ist auch bewundernswert, wie stark manche Menschen dort gekämpft haben und es gibt einem Hoffnung zu lesen, dass sich bei manchen dieser Kampf und diese Kraft am Ende ausgezahlt haben und einige Menschen tatsächlich entkommen konnten. Es ist aus unserer Sicht unentbehrlich, weiter darüber zu reden und aufzuklären, um zu verhindern, dass die staatliche Verfolgung und Ermordung unliebsamer Menschen nochmals geschieht.
Es war sehr eigenartig die Täterbiografien zu lesen, da sie zeigen, dass diese eigentlich ganz normale Menschen waren. Meist stellt man sich die Täter einfach als brutale und grausame „Monster“ vor, jedoch stellten wir fest, dass es auch eine Grauzone zwischen Tätern und Mitläufern gab. Oft waren wir uns uneinig, wo man genau die Grenze ziehen kann. Anschließend hatten wir Zeit uns verschiedene Ausstellungen in der Gedenkstätte anzuschauen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen.
Am Abend fuhren wir gemeinsam nach Berlin. Zunächst gingen wir zum Brandenburger Tor und zum Holocaust-Mahnmal. Besonders in der Dunkelheit war das Gehen durch die Stelen des Mahnmals sehr beklemmend. Anschließend bekamen wir noch etwas Zeit um die Stadt zu erkunden.
Am dritten Tag – Freitag – stand dann ein Workshop mit Emil an, welcher uns an allen drei Tagen begleitete. Er wurde an diesem Tag von einem Kamerateam von ,,funk“, der Youtube-Plattform der Öffentlich-Rechtlichen Sender, gefilmt, weshalb zum Teil auch unser Workshop in dem entstandenen Beitrag zu sehen ist. (Kanal: “follow me.reports”, Folge: “Holocaust-Gedenken – FSJ im ehemaligen KZ”, siehe Video).
Wir bekamen in diesem Workshop alte Fundstücke, die glücklicherweise geborgen werden konnten, und untersuchten diese gegenständlichen Quellen in Gruppen. Anschließend sollten wir Vermutungen aufstellen, um was es sich jeweils handelt, da dies bei manchen der Fundstücke nicht klar erkennbar war. Als wir danach die Auflösung und einige Hintergrundinformationen erhielten, flossen teilweise die Tränen, so zum Beispiel, als wir erfuhren, dass es sich bei einem Stück Holz entgegen unserer Vermutung nicht um eine Vorlage für eine Schuhsohle handelte, sondern um eine Schuhsohle, die tagtäglich von den Häftlingen getragen werden musste. Es war sehr bewegend zu lesen, wie sehr die Menschen dort litten. Nach dem sehr emotionalen Workshop hatten wir dann Zeit, uns noch eigenständig auf dem Gelände der Gedenkstätte zu bewegen und gegebenenfalls schon besuchte Orte noch einmal alleine auf uns einwirken zu lassen, bevor wir uns dann am Nachmittag auf den Heimweg machten.
Die drei Tage waren wirklich sehr intensiv und sehr bewegend. Sich so detailliert mit einzelnen Fällen zu beschäftigen ist etwas, was man sonst nirgendwo macht, wobei gerade so etwas extrem wichtig ist, da es sehr stark verdeutlicht, wie schlimm die damaligen Ereignisse waren. Obwohl wir uns in der Schule intensiv mit der Thematik befasst haben, ist es ein ganz anderes Gefühl vor Ort zu sein, da dies die Geschehnisse emotionaler und viel greifbarer macht. Es ist – so meinen wir – wirklich jedem ans Herz zu legen, wenigstens einmal eine solche KZ-Gedenkstätte zu besuchen um sich ein eigenes Bild darüber zu machen. Dank dieser Exkursion ist unser Kurs um viele Erfahrungen reicher, die unvergesslich sind und uns noch lange beschäftigen werden.
Schülerinnen und Schüler des Projektkurses Geschichte der Jahrgangsstufe 11