Wir, die Schülervertretung und die Schulleitung des Reinhard-und-Max-Mannesmann-Gymnasium, wollen uns im Folgenden, als „Schule mit Courage-Schule ohne Rassismus“-Schule, mit der „Black Lives Matter“-Bewegung und gegen alle Formen des Rassismus positionieren.
Seit ihrer Gründung befinden sich die Vereinigten Staaten von Amerika im konstanten Kampf mit dem Rassismus, seien es die Debatten der sklavenhaltenden Gründerväter über die wahre Bedeutung ihres ideologischen Grundsatzes der Unabhängigkeitserklärung in Bezug auf Sklaverei, der Bürgerkrieg, welcher die Sklaverei beendete oder die Rassentrennung. Es ist ein Konflikt, der leider noch nicht gewonnen ist. Zwar gelang es der Civil Rights Bewegung nach einem langen Ringen um die Bürgerrechte der Afroamerikaner*innen 1964, 1965 und 1968 entscheidende Gesetze durchzusetzen, welche der gesetzlichen Segregation den Boden unter den Füßen wegzogen, und 2008 wurde mit Barack Obama der erste Afroamerikaner zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt, doch der Rassismus blieb bis heute da.
Wir haben es erlebt, der Name der nun jedem auf den Lippen liegt, als Sinnbild für eine grausame Tat, aus einer menschenverachtenden Weltanschauung heraus: George Floyd. Er war im Mai 2020 Opfer von rassistisch motivierter, willkürlicher Polizeigewalt in Minneapolis. Vier Polizisten waren daran beteiligt, als der Hauptangeklagte Derek Chauvin sich auf seinen Hals kniete und ihn tötete, obwohl Floyd ihn mehrfach darauf aufmerksam machte, dass er nicht atmen konnte – all dies, nachdem er angeblich mit Falschgeld bezahlt haben soll. Er war ebenso betroffen wie Breonna Taylor in Lousiville, Tony McDade in Tallahassee und noch viele andere davor.
Doch auch wer die Aufnahmen von Charlottesville 2017 und die Reaktion des amtierenden Präsidenten darauf gesehen hat, der merkt, massentauglicher, expliziter Rassismus ist nichts, was in den USA zur Vergangenheit gehört. Immer noch werden die afroamerikanischen Bürger*innen der USA herunter gewertet, nicht mehr dadurch, dass sie der Besitz eines Weißen oder per Gesetz segregiert sind, sondern durch die ökonomischen und gesellschaftlichen Folgen dieser Praktiken bis in die heutige Zeit hinein. Ein in den Quellen beigefügter Artikel vom Brookings Institut und das Paper, auf welches der Artikel verweist, belegen, auch wenn das Gesetz etwas anderes sagt, Afroamerikaner*innen sind geographisch, ökonomisch und in Bereich von Bildung und Strafverfolgung grundsätzlich benachteiligt. So eine Abwertung befeuert die Grausamkeit gegen Mitglieder der benachteiligten Gruppe, sei es nun Gewalt von Sklavenhaltern und Clansmen damals und der Polizei heute. Wenn nicht mit dem ganzen System etwas grundlegend falsch wäre, würde Rassismus zwar nicht verschwinden, aber er könnte nicht mehr solche Ausmaßen annehmen, wie er es gerade in den USA tut, weswegen sein Fluch das Land seit seinem Anbeginn bis heute immer noch verfolgt. Doch wer glaubt, dieses Muster würde sich nur in den USA finden lassen, ist leider naiv.
Deutschland hat auch ein Problem, ein Problem, bei dem Morde und Anschläge nur die Spitze des Eisbergs sind. In Deutschland gab es laut BKA im Jahr 2019 7.318 fremdenfeindliche Straftaten, wovon 731 Gewalttaten darstellten. Nun könnte man sagen, dass es nur einzelne Straftaten sind, die von ein paar extremen Einzeltätern begangen werden. Das trifft leider nicht zu, denn sogar die Behörden scheinen teils in einige Fälle verstrickt zu sein – siehe Oury Jalloh und Ahmed Ahmad . Des Weiteren tauchen in der Polizei immer wieder Fälle von Chats auf, in denen rechtsextreme und rassistische Inhalte geteilt werden. Ein weiteres Problem sind die verdachtsunabhängigen Personenkontrollen der Polizei. In einer groß angelegten Studie von 2010 der Europäischen Grundrechteagentur FRAU stellte sich heraus, dass Menschen mit ausländischer Herkunft häufiger kontrolliert und dabei auch teilweise respektlos behandelt werden. Dies lässt sich auf das sogenannte Racial Profiling zurückführen. Dabei werden bestimmte Bevölkerungsgruppen aufgrund von negativen Vorurteilen häufiger für Kontrollen ausgewählt. Dies widerspricht dem verdachtsunabhängigen Charakter der Kontrollen. Man sollte anmerken, dass es in Deutschland weniger Tote durch rassistisch motivierte Polizeigewalt gibt, als in den USA.
Die Diskriminierung ist aber auch auf dem deutschen Arbeitsmarkt stark zu spüren. Racial Profiling spielt auch hier eine Rolle. Arbeitgeber*innen haben oft Vorurteile gegenüber ausländischen Bewerber*innen oder sprechen ihnen aufgrund falscher Vorstellungen bestimmte Eigenschaften zu. So wird zum Beispiel behauptet, dass aufgrund verschiedener Religionen Spannungen zwischen Mitarbeiter*innen entstünden und so werden Bewerber*innen mit anderem Glauben meist abgelehnt ohne überhaupt die Chance zu haben, sich zu beweisen. Dieses Phänomen wurde durch eine Studie, bei der 7500 fiktive Bewerbungen an Stellenanzeigen verschickt wurden, bestätigt. Es wurde festgestellt, dass vor allem ein muslimischer Glaube oder eine dunkle Hautfarbe zu einer Ablehnung der Bewerber*in führten. Auch ein Problem ist eine rassistische Prägung der Gesellschaft, durch die Vorurteile und Stereotype leider immer noch tief verankert sind.
Die „Black Lives Matter“-Bewegung ist eine internationale Bewegung, die für das Überkommen der oben aufgeführten sozialen Ungerechtigkeiten steht. Gegründet wurde die Bewegung durch die Gemeinschaftsaktivist*innen Alicia Garza, Patrisse Cullors und Opal Tometi im Jahre 2013 in den Vereinigten Staaten von Amerika. Sie startete als eine Online-Kampagne, die auf die Freilassung von George Zimmermann, der für den Tod des Afroamerikaners Trayvon Martin vor Gericht stand, reagierte. Im Herbst des Jahres 2014 wurde nach dem Todesfall von Micheal Brown die erste Demonstration im Namen der „Black Lives Matter“-Bewegung organisiert. Seitdem wird, inspiriert durch die US-amerikanische Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre, sowohl digital, als auch auf den Straßen demonstriert. Die Bewegung, die sich gegen Racial Profiling, Gewalt gegen Schwarze Menschen und Polizeigewalt einsetzt, hat seit ihrer Gründung sowohl national in den USA, als auch international einiges erreicht. Besonders die Demonstrationen, die auf die Tötung des Afroamerikaners George Floyd durch Polizeigewalt am 26.05.2020 folgten und derzeit noch anhalten, sind einflussreich. Die Protestler*innen, die größtenteils friedlich demonstrieren, erreichten die Verhaftung der vier Polizisten, die an der Tötung von George Floyd beteiligt waren und mehrere Reformen im Polizeisystem der Vereinigten Staaten von Amerika. Des Weiteren lösten sie eine internationale Debatte über die verschiedenen Formen von Rassismus und der Gewalt gegen Schwarze Menschen aus. So finden auch in Deutschland seit langem eine Vielzahl an Protestaktionen gegen strukturellen Rassismus und Polizeigewalt statt.
Am 06.06.2020 gingen deutschlandweit über 100.000 Menschen auf die Straßen. Auch wir, einige Mitglieder der Schülervertretung, nahmen an einer Demonstration in Düsseldorf teil. Tausende schwarz gekleidete Menschen sammelten sich vor dem Düsseldorfer Hauptbahnhof und zeigten so ihre Solidarität mit der „Black Lives Matter“-Bewegung. Die Ordner*innen achteten bestmöglich auf die Abstandregelungen, mithilfe von Seilen wurde der Demo Zug in Zehnerreihen aufgeteilt. Zwei Stunden lang liefen wir mit Schildern und Trillerpfeifen ausgerüstet durch die Düsseldorfer Innenstadt. Die Demo verlief trotz der berechtigten Wut der Teilnehmer*innen vollkommen friedlich. Bei der Abschlusskundgebung am Landtag wiesen Redner*innen auch auf Polizeigewalt und Rassismus in Deutschland hin.
Am Ende unseres hoffentlich informativen Artikels, wollen wir Ihnen als reflektierte Leser*in nun noch ein paar Dinge mit auf den Weg geben. Denn nachdem Sie eine solche Masse an Informationen rund um das Thema „Black Lives Matter“, sowie den systemischen Rassismus in den USA und Rassismus in Deutschland erhalten haben, fragen Sie sich bestimmt: „Wie kann ich als aufgeklärte Weltbürger*in helfen?“. Auch wenn die Lage momentan fast schon erdrückend erscheint, gibt es viele Wege für Sie, zu helfen. Den ersten Schritt haben Sie mit dem Lesen des Artikels bis zu diesem Punkt schon getan, oder zumindest angefangen zu tun: das Informieren. Nicht nur für das eigene Verständnis, aber auch für das Teilnehmen an der Debatte und den richtigen Umgang mit Rassismus im Alltag, ist eine breitgefächerte Wissensgrundlage sehr hilfreich. Als kleine Hilfestellung und Ausgangspunkt, stellen wir Ihnen hier eine kurze Liste an Links zur Verfügung, um die Lage in den USA und in der Welt besser zu verstehen und weitere Wege zur Unterstützung zu finden.
Links:
- https://blacklivesmatter.com/ : Die Website der „Black Lives Matter“-Bewegung liefert zudem eine kurze Historie der Organisation und die momentanen Ziele, sowie Petitionen und Spendenmöglichkeiten
- https://www.blacklivesmatterberlin.de/georgefloyd-and-actionable/ : Unter diesem Link der „Black Lives Matter Berlin“-Bewegung finden Sie zudem weitere Petitionen, Spendenmöglichkeiten und Aktionen, mit direktem Bezug zur Ermordung von George Floyd.
- https://www.benjerry.com/whats-new/2016/systemic-racism-is-real : Ja, bevor Sie fragen, das ist die Website des Eisherstellers Ben& Jerry’s, dieser liefert allerdings eine sehr gute kompakte Zusammenfassung des systemischen Rassismus in den USA. Anhand dieser Punkte ist auch eine differenzierte Selbstinformation möglich.
Sollten Sie Elternteil oder Lehrer*in sein, ist natürlich auch das Thematisieren zuhause und im Klassenraum eine Möglichkeit. Bei einigen Lehrer*innen unserer Schule durften wir das schon beobachten und möchten uns daher bei Ihnen für Ihr Engagement bedanken. Alle anderen laden wir natürlich gerne dazu ein, ebenfalls teilzunehmen. Das Informieren ist dabei aber grundsätzlich nicht alleinige Aufgabe der Schule, auch wenn wir uns gerne beteiligen. Schon das bloße Erklären der Situation und der Umstände ist eine große Hilfe. Als den mit Abstand wichtigsten Punkt jedoch sehen wir das direkte Handeln im Falle von Rassismus. Wie wir zuvor schon erwähnt haben, ist leider auch hier in Deutschland Rassismus ein Problem und Sie können helfen: durch bloßes Hinsehen, Handeln oder Hilfe holen. Gerade unter Schülern ist oft ein einfaches Widersprechen gegen rassistische Bemerkungen eine große Hilfe.
Wir als Schülervertretung und Schulleitung des Reinhard-und-Max-Mannesmann-Gymnasiums bedanken uns, dass Sie sich die Zeit genommen haben, diesen Artikel zu lesen und hoffen, dass Sie Wissen, Anregung und Möglichkeiten zur Bekämpfung von Rassismus im Alltag gewonnen haben.
Tobias Willeé, Maike Herrmann, Benedikt Sager, Lino Rupprecht und Rieke Thiel